Eine Filmkritik von Lukas Hoffmann
Diebstahl im Mulholland View
Justus Jonas (Julius Weckauf), Peter Shaw (Nevio Wendt) und Bob Andrews (Levi Brandl) übernehmen jeden Fall. Seit nunmehr 56 Jahren stehen die drei Fragezeichen für das Unbekannte, für ungelöste Fälle und mysteriöse Vorkommnisse. Die Jugendbuchreihe von Robert Arthur und vor allem die Hörspielserie, welche mit mittlerweile über 150 Gold- und Platin-Auszeichnungen als erfolgreichste Hörspielproduktion der Welt gilt, begeistern jeden Monat Millionen von Fans. Ein Erfolg, der vor allem den deutschen Leser- und Hörer*innen zu verdanken ist. Denn nach der Einstellung der amerikanischen Buchreihe im Jahr 1991 wurde die Serie von deutschen Autor*innen fortgeführt – mit gleichbleibend großem Erfolg.
Mittlerweile gibt es mehr deutschsprachige Detektivepisoden als englische und auch in Deutschland produzierte Filmadaptionen gab es in den vergangenen Jahren immer wieder: Das Geheimnis der Geisterinsel (2007) und Das verfluchte Schloss (2009) von Regisseur Florian Baxmeyer sind Abenteuerfilme, die sich primär an Kinder richten und mehr mit dem jungen Indiana Jones gemein haben als mit den drei ikonischen Detektiven. Und auch die dritte Filmadaption, Erbe des Drachen (2023) von Regisseur Tim Dünschede, die in keinem Zusammenhang zu den beiden vorangegangenen Filmen steht, richtet sich mit ihrer simplen Erzählstruktur und den kindlichen Konflikten erneut an die jüngeren Serienfans. Der Karpatenhund ist der neuste Versuch, die Reihe auf die Kinoleinwand zu bringen und fängt zum ersten Mal das besondere Gefühl ein, dass die Geschichten der drei Detektive über Generationsgrenzen hinweg so einzigartig macht.
Die drei ??? und der Karpatenhund schließt nahtlos an die Handlung vonErbe des Drachen an, behält den etablierten Cast bei und stammt erneut aus der Feder von Tim Dünschede und Autor Anil Kizilbuga. Inhaltlich basiert der Film lose auf der gleichnamigen Originalgeschichte, übernimmt aber abgesehen von einigen Nebenfiguren nur die Rahmenhandlung der Vorlage. Justus, Peter und Bob sitzen in ihrem Wohnwagen auf dem Schrottplatz, lösen kleinere Fälle und wollen eigentlich grade ihren Urlaub antreten, als sie ein angsterfüllter Anruf von Mr. Prentice (Ulrich Tukur) erreicht: Dem Galeristen wurde sein wertvollster Besitz gestohlen – der kristallene Karpatenhund. Darüber hinaus soll es seit dem Diebstahl in seiner Wohnung im ApartmentkomplexMulholland Viewspuken, und die Polizei scheint sich nicht weiter für den Fall zu interessieren. Ohne Umschweife machen sich die drei Fragezeichen auf den Weg nach Los Angeles, um in Agatha-Christie-Manier die schrulligen Bewohner*innen des Wohnkomplexes zu befragen, Spuren und Hinweise zu sammeln und den Dieb schließlich zu enttarnen.
Dabei fühlt sich Die drei ??? und der Karpatenhund durch und durch an wie eine verfilmte Folge der Hörspielreihe. Nicht nur wegen kleiner Details: das Geräusch des Telefons in der Zentrale, versteckte Anspielungen auf diverse andere Fälle der Detektive. Sondern vor allem wegen des immerzu spannenden Drehbuchs und der herausragenden Chemie zwischen den drei Hauptdarstellern. Letztere hat sich im Vergleich zum Vorgänger besonders durch die erwachsenere Figurenzeichnung verbessert, während das Drehbuch von interessanten Nebenfiguren, einer deutlich weniger an Kinderfilmen orientierten Struktur und einem mehrschichtig konstruierten Mysterium profitiert. Zwar ist der Film im Vergleich zu anderen „Murder Mystery“-Erzählungen für Erwachsene wie Tod auf dem Nil oder Knives Outeher seicht, überzeugt aber durch seine schrägen Wendungen und den leidenschaftlichen Einsatz der drei Detektive. Die Dialoge ähneln in ihrer liebevoll überzeichneten und ab und an etwas hölzernen Art denen der Hörspiele und die spezielle Mischung aus deutschen und amerikanischen Einflüssen ist genau so seltsam und interessant, wie es Fans der Vorlage gewohnt sind. Altbekannte Figuren wie Inspector Cotter, Tante Mathilda und Skinny Norris umrahmen die Handlung im Mulholland View, stehen Neueinsteiger*innen aber nicht im Weg und werden mit ihren Eigenheiten innerhalb weniger Sekunden etabliert. Denn Anspielungen und Fanservice stecken zwar in jeder Szene, stellen aber keinesfalls die eigenen Ideen der Adaption in den Schatten.
Und auch die Inszenierung ist absolut lobenswert: Das Setdesign bewegt sich immer zwischen modern und altmodisch, egal ob es der Schrottplatz von Familie Jonas, der Apartmentkomplex Mulholland View oder die Straßen von Los Angeles sind. Jede Einstellung steckt voller liebevoller Details, jeder Raum ist von oben bis unten durchdacht. Die Szenenwechsel und die Montage sind von stimmungsvoller, durch Synthesizer getriebener Musik untermalt und sowohl die Wahl interessanter Kameraeinstellungen als auch die atmosphärische Lichtstimmung heben Der Karpatenhund eindeutig von anderen deutschen Kinoproduktionen ab. Auch wenn man über die beiden eher unpassenden Popsongs und die bereits in der Vorlage nur schwer glaubwürdige Auflösung des Falles hinwegsehen muss.
Die drei ??? und der Karpatenhund ist endlich die Art Filmadaption, die sich Fans der Reihe immer gewünscht haben – ein zum Film gewordenes Hörspiel.
Nachdem sie ihren letzten Fall in einem rumänischen Schloss erfolgreich gelöst haben, sind Justus Jonas (Julius Weckauf), Peter Shaw (Nevio Wendt) und Bob Andrews (Levi Brandl) als Detektiv-Trio Die drei ??? in Rocky Beach, Kalifornien, zu einigem Ruhm gelangt. Das Telefon in ihrer geheimen Zentrale auf dem Schrottplatz von Justus‘ Onkel Titus (Florian Lukas) und Tante Mathilda (Jordis Triebel) steht nicht mehr still. Dennoch lässt ein interessanter, neuer Fall erstmal auf sich warten. Denn die Jungs wollen keine verlorenen Plüschtiere und entlaufene Kater wiederfinden, sondern ihrer Leidenschaft für Mysterien und scheinbar unerklärliche Geheimnisse nachgehen. Endlich gibt es einen aufregenden Fall! In der Wohnung von Mr. Prentice (Ulrich Tukur) geschehen rätselhafte Dinge. Laute Geräusche ertönen, Dinge vibrieren und Gegenstände bewegen sich. Und dann wird auch noch eine wertvolle Kristallskulptur gestohlen: der Karpatenhund. Außerdem geistert eine unheimliche Gestalt durch den Apartmentkomplex und versetzt alle Bewohner in Angst und Schrecken. Die wenigen Spuren weisen Justus, Peter und Bob in verschiedene Richtungen – und machen alle Bewohner zu Verdächtigen, besonders die kratzbürstige Hausmeisterin Evelyn Boogle (Sunnyi Melles).
